Herdenschutzhunde und ihre Ansprüche

Die Streunerhilfe Sizilien versorgt und vermittelt auch Herdenschutzhund-Mischlinge. Ob Maremmano, Pyrenäenberghund oder Pastore Siciliano – sie alle haben Eigenschaften, die man kennen und berücksichtigen muss. Bianca, unsere Frau vor Ort, hat selber Maremmani und somit Erfahrung im Umgang mit den tollen Hunden.

Bianca, was ist das Besondere an Herdenschutzhunden?

Herdenschutzhunde schützen Viehherden vor Beutegreifern. In ihren Ursprungsländern werden sie seit jeher dafür eingesetzt. Aber auch in Deutschland und in der Schweiz werden sie aufgrund des zunehmenden Wolfsvorkommens seit einigen Jahren wieder vermehrt eingesetzt. Die noch sehr ursprünglichen Rassen unterscheiden sich je nach Herkunftsland in Grösse, Fellbeschaffenheit und Aussehen. Eines haben sie aber gemein: Sie beschützen ihre Herden vor jeglichen Eindringlingen. Der Schutz- und Verteidigungstrieb ist angeboren. Im Laufe der Zucht wurden sie zudem darauf spezialisiert auch eigenständig zu handeln. Diese Eigenschaft kann zu Schwierigkeiten in der Haltung führen, da es in der Zivilisation natürlich mehr Einschränkungen gibt als beispielsweise irgendwo in den Bergen.


Die Streunerhilfe hat vor allem Maremmano-Mischlinge in der Vermittlung. Es gibt aber auch immer wieder andere Herdenschutzhund-Mischlinge, die ein Zuhause suchen. Für wen eignen sich solche Hunde?

Herdenschutzhunde können selbstverständlich auch ohne Herde leben und integrieren sich gut in eine Familie. Damit dieser Hund glücklich ist, muss man ihm aber schon einige seiner Anlagen zugestehen. In einer Wohnung in der 3. Etage im Zentrum einer grossen Stadt ist ein Herdenschutzhund sicher nicht gut aufgehoben. Und ein frustrierter und nicht verstandener Hund, der wenig bis gar keinen „will to please“ besitzt, kann dann zum Problem werden. Ob zum Herumliegen, zum Observieren oder für den regelmässigen Kontrollgang: Ein Garten – besser natürlich sogar ein Hof – ist für diese Rasse unabdingbar. Ideal ist zudem eine etwas weniger dicht besiedelte Gegend oder sehr tolerante Nachbarn, denn natürlich meldet ein Herdenschutzhund den Postboten genauso wie jeden vorbeikommenden Spaziergänger oder Fahrradfahrer.

 

Die Meisten leben ja schon nicht völlig abseits jeglicher Zivilisation. Kann man die eigenwilligen Herdenschutzhunde erziehen?

Sie sind auf jeden Fall erziehbar, aber die Haltungsbedingungen und Erziehungsmethoden unterscheiden sich sicher von anderen Rassen bzw. Mischlingen. Herdenschutzhunde werden mit dem Kopf geführt. Mit Druck und Körpereinsatz erreicht man höchstens das Gegenteil. Die Hunde wachsen langsam und erreichen ihre mentale und körperliche Reife erst mit 2-3 Jahren. Entsprechend Zeit braucht auch die Erziehung. Wir vermitteln Herdenschutzhunde natürlich am liebsten an Menschen, die bereits Erfahrung haben. Am Wichtigsten ist aber, dass man den Bedürfnissen dieser Rassen entsprechen kann und genau weiss, was auf einen zukommt. Viele verlieben sich in die kleinen, süssen Fellknäuel. Aber aus ihnen werden grosse (ca. 60-70 cm), schwere (35-45 kg, Rüden auch mehr), eigenwillige Hunde, mit denen man richtig umgehen muss. 

 

Interview geführt von Sonja