Abschied ist ein grosser Schritt in der Trauerbewältigung

Alexander Freitag war jahrelang Bestatter und macht sich kommenden Februar als Tierbestatter selbstständig. Er weiss, ob bei Mensch oder Tier – der Verlust ist schmerzhaft und die Trauer gross.

 

Kann man den Verlust eines Hundes oder einer Katze mit dem eines Menschen vergleichen?

Auf eine gewisse Weise ja, weil ein Haustier in unserer Gesellschaft mittlerweile ein festes Familienmitglied ist. Für manche Menschen sind Tiere sogar bessere Freunde, denn sie stellen keine Fragen, nehmen einem, wie man ist, vertrauen einem blind und sind da, wenn man sie braucht. Für die meisten Tierbesitzer ist der Verlust eines Tieres daher genauso schmerzhaft wie der eines Menschen.

 

Ist der unerwartete Tod seines Tieres schlimmer als wenn man sich darauf vorbereiten kann oder ist die Trauer letztlich gleich gross?

Die Trauer ist in beiden Fällen gross, aber bei einem unerwarteten Verlust kommen Hilflosigkeit und Wut dazu, was alles viel schlimmer macht als wenn man sich darauf vorbereiten kann und weiss, dass der Tag an dem unser geliebter Vierbeiner gehen muss, langsam näher rückt.

 

Niemand möchte sich von seinem geliebten Tier verabschieden. Wann sollte man aber auf jeden Fall loslassen?

Ich als Bestatter rate den Angehörigen – wenn es möglich ist – immer Abschied zu nehmen. Abschied ist der erste Schritt der Trauerbewältigung. Ohne Abschied kommt die Frage auf, ob er/sie wirklich nicht mehr da ist. Abschiednehmen ist ein grosser Schritt für die eigene Seele. 

 

Kann man sich auf den Abschied vorbereiten und wenn ja, wie?

Es ist immer schwer sich darauf vorzubereiten, da man meistens nicht wahrhaben möchte, dass der Abschied immer näher rückt. Wartet man zu lang, kann es aber zu spät sein. Daher sollte man sich rechtzeitig darauf vorbereiten – und am besten nicht alleine.

 

Ist das Tier verstorben, steht man vor der schwierigen Frage, was mit seinem Körper geschehen soll. Was gibt es für Möglichkeiten?

Es gibt verschiedene Möglichkeiten. Eine weit verbreitete ist die Tierkörperverwertung. Ich würde dies aber keinem Tierbesitzer empfehlen, weil das Tier dort nicht nur mit Tierkadaver, sondern mit allem möglichen zusammen verbrannt wird. Eine weitere Option ist die Sammeleinäscherung mehrerer Tiere. Hier erhält man vom Tierkrematorium ein Zertifikat und die Asche wird auf einer so genannten Streuwiese verstreut. Wer sich für eine Einzeleinäscherung entscheidet, bekommt vom Tierbestatter die Asche seines Tieres und kann selber entscheiden, was er damit macht. Ausserdem kann man bei der Einäscherung anwesend sein. Bei einer Standard-Einzeleinäscherung wird das Tier in der Brennkammer zwar mit anderen Tieren zusammen jedoch in einer separaten Kammer verbrannt. Ich werde nur Premium-Einäscherungen anbieten. Das heisst, das Tier wird alleine in einer Brennkammer eingeäschert – eine Verwechslung der Asche ist somit ausgeschlossen. 

 

Was rätst du Trauernden? Wie stehen sie die Zeit am besten durch?

Wichtig ist es zu verstehen und zu akzeptieren, dass das geliebte Haustier nicht mehr da ist. Wie lange die Trauerphase dauert ist sehr individuell. Man sollte sich so viel Zeit nehmen wie man braucht. Verdrängen sollte man nicht, aber es hilft, wenn man den Tag neu strukturiert, unter Menschen geht und nach vorne schaut.

 

Kann es hilfreich sein, während der Trauerphase bereits ein anderes Tier zu adoptieren?

Das ist sicher sehr individuell. Wenn man sich das Tier als Ersatz holt, ist das sicher keine optimale Voraussetzung. Sobald die Trauer weitgehend überstanden ist, steht einem neuen Haustier aber nichts im Weg. 

 

Interview geführt von Sonja